Mittwoch, 10. Januar 2007

Wie man mit lustig frisierten, willkürlich verwendeten Statistiken Deutschland dem Untergang weihen kann

Deutschland, verehrte Leserinnen und Leser, stirbt ja bekanntlich aus. Diese Meinung vertreten zumindest einige gewichtige Persönlichkeiten unseres gebeutelten Vaterlandes. Der Beweis: Die geringe Geburtenrate. Und weil es ja nicht geht, dass Deutschland ausstirbt, muss man, wenn man schon nichts dran ändern kann, zumindest Schuldige finden. Für die einen sind das fehlende Krippenplätze. Für Herrn Schirrmacher ist es – mal ein traditioneller Ansatz – schlicht die Frau. Das suggeriert wenigstens sein Minimum. Die Frage, warum es denn unbedingt Familien im traditionellen Sinne geben muss, ist für ihn leicht beantwortet und von mir im Folgenden etwas unkonventionell zusammengefasst:

Es waren einmal einige Menschen am Donnerpass eingeschneit. Große und etwas weniger große Familien und alleinstehende, kräftige Männer im besten Alter. Und die armen Menschen hatten nicht viel zu essen, wurden krank und einige starben. Und zwar zwei Drittel der Männer. Und nur ein Drittel der Frauen. Und besonders viele von diesen kräftigen, alleinstehenden Männern. Und das liegt nur an den Frauen: Sie haben alle zusammengehalten, waren gerecht, haben gepflegt und sind überhaupt eher Engel als Menschen gewesen. Das liegt übrigens in der Natur der Frau. Weil sie so wahnsinnig sozial kompetent ist. Na, und weil diese Frauen sich natürlich in erster Linie um ihre Familienmitglieder kümmerten, haben die Familien natürlich eher überlebt, als die armen, einsamen Männer.

In Kurzform: Familien leben länger. Und weil der deutsche Staat, so hat’s den Anschein, in unmittelbarer Zukunft zusammenbrechen und niemand mehr in der Lage sein wird, sich selbst zu versorgen, werden nur diese Oasen des Friedens überleben: Die Familien eben.

Und warum die Frauen Schuld sind, ist auch ganz leicht erklärt: Der Herr Schirrmacher kann einfach gut mit Statistiken umgehen. Die Frauen bekommen weniger Kinder. Die Frauen bekommen später ihre Kinder. Die Frauen arbeiten mehr. Die Frauen sind meinungsbildend, weil sie die Talkshows moderieren und sollten deshalb schwer an der Last tragen, ein „Familienersatz“ mit ökonomischen Themen erschaffen zu haben. Die Frauen schaffen sich Realitätsersatz, weil sie viel zu viele Soap Operas und Telenovelas gucken. Und weil’s in diesen Serien fast nie Kinder zu sehen gibt, kriegen diese fernsehsüchtigen Frauen auch weniger Kinder. Die armen Männer bekommen keine Frauen mehr ab, weil sie sich statistisch gesehen eher mit jüngeren zusammentun, und von denen gibt es ja weniger, weil weniger Kinder geboren werden. Außerdem suchen sich Frauen ja sowieso immer die reichen Säcke aus. Die Frauen wandern aus Ostdeutschland ab, weil sie im Westen Arbeit suchen. Die armen ostdeutschen Männer bleiben zurück, ohne Bildung, ohne Job, ohne Frau, die ihren Testosteronspiegel und ihre Aggressivität senkt. Wir sind aber auch echt fies, wir Frauen.

Doch nein, ich will nicht ungerecht sein: Statistisch gesehen ist es nämlich auch so, so schreibt der Herr Schirrmacher, dass Single-Männer auf die Frage, ob sie Familie und Kinder haben wollen, begeistert mit „Ja!“ antworten, Männer in Beziehungskisten weichen da aber lieber aus: Jetzt noch nicht, vielleicht später, das Geld ist zu knapp, ich weiß gar nicht, ob die Partnerin die richtige ist ... Ansonsten können die Männer an der Misere aber nicht Schuld sein, denn da gibt es ja keine Statistiken drüber. Oder der Herr Schirrmacher fand die langweilig. Wie auch immer.

Auf jeden Fall ist es natürlich erwiesen, dass Frauen viel mehr von dieser tollen sozialen Kompetenz haben. Ja, und deswegen sollen wir die Familien bewahren. Also. Nur die richtigen. Patchwork ist nicht. Da ist nämlich auch statistisch erwiesen, dass die Akzeptanz zwischen Halbgeschwistern nicht annähernd so groß ist, wie die zwischen „richtigen“ Geschwistern. Blut ist eben dicker als Wasser. Und wir brauchen viel Blut. Weil ja bald der Staat auseinander bricht. Und da kann dann nur noch die Familie helfen. Die richtige. Und richtig große. Suggeriert der Herr Schirrmacher. Ich bin mir nur nicht sicher, ob er, verheiratet und Vater nur eines einzigen Sohnes, sein Buch auch gelesen hat?

Dienstag, 9. Januar 2007

Vom Biere

lukUHLus fragt nach Biervorlieben und ich bin geneigt, die meinen zu offenbaren. Schließlich muss ja irgendjemand die norddeutsche Bierkultur aufrecht halten!

Weizen, Pils, Alt oder Kölsch?
Bei dieser Auswahl: Pils. Was sonst?

Welche Marke?
Beck’s. Auch wenn die Armen immer noch nicht ihren Namen richtig schreiben können.
Jever. Friesisch herb. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mein ehemaliges Lieblingsbier, allerdings kann mein Magen momentan nur mit homöopathischen Dosen dieses leckeren Gesöffs umgehen.

Nenne drei Biere, die jeder einmal getrunken haben sollte?
Pilsner Urquell. Aber nur in Tschechien, zur allergrößten Not noch vom Fass. (Notiz an mich selbst: Ich muss nach Tschechien. Unbedingt.)
Rothaus Tannenzäpfle. Auch wenn’s von den Badenern ist (auf gar keinen Fall von den Schwaben. Die Baden-Württemberger werden nämlich unglaublich fuchtig, wenn man sie für die für sie falsche Bevölkerungshälfte hält).
Odin Bräu. Honigbier. Als leichtere Alternative zu Met. Unwiderstehlich.

Achtest du beim Bier auf das deutsche Reinheitsgebot?
Nein. Zumindest nicht bei Desperados, Corona und Sol. Auf die drei kann ich im Sommer einfach nicht verzichten. Eiskalt mit Limette. Lecker. Na ja. Und dann ist da noch das Odinbräu. Und das Pharaonen Bier, das es nicht mehr gibt. Und wenn ich noch schärfer nachdächte, fiele mir bestimmt noch mehr ein. Also: Nein.

Welches Bier musst du noch trinken, weil du das noch nie getan hast?
In momentaner Ermangelung einer besseren Idee: Uhlenbräu, das Bier meiner Lieblingskleinstadt, das schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebraut wird.

Ein Bier welches keines ist?
Oettinger. Ungenießbar. Und garantiert immer das Bier zu viel. Auch wenn es das erste ist. Dass dieses Bier sich Pils nennen darf, ist ein Skandal!

Beck's schmeckt nach?
Gutem Bier natürlich. Ich frage mich jetzt nur, von wem die Frage kommt: Einem Bayern oder einem Jever-Trinker. Diese Volkgruppen stehen Beck’s schon traditionell mehr als skeptisch gegenüber. Warum auch immer.

Das schönste Logo hat die Marke …
Bölkstoff. Obwohl es das ja nur noch in geringer Auflage zu Werner-Filmen gibt (und eigentlich Flensburger ist. Übrigens auch ein gutes Bier).

Ist Saufen gut?
*lach* Diese Frage impliziert, dass Bier nur zum Saufen gut ist. Ist es aber nicht. Bier ist einfach lecker. Und saufen viel zu anstrengend.

Macht Bier glücklich?
Jepp. Jedenfalls jeden, der Bier mag. Oder etwa nicht?

Bist du ein Glas- oder Flaschenkind?
Daheim: Flasche. Definitiv. Sonst meistens auch. Obwohl Herforder vom Fass auch nicht zu verachten ist.

Kannst du eine Bierflasche ohne Öffner öffnen?
Nein. Ich bin zu ungeduldig, um so etwas so lange zu üben, bis ich es kann. Und da meine Hände nicht die größten sind, müsste ich lange üben. Deswegen habe ich auch einen Flaschenöffner an meinem Schlüsselbund.

Hast du einen Bierbauch?
Nein. Schließlich mache ich ja eine Antidiät. Und hat schon mal jemand eine Frau mit Bierbauch gesehen?

Trinkst du Feierabendbiere?
Ja. Sehr gut zum Entspannen zwischendurch. Wenn ich koche, ist mir allerdings ein Glas Chardonnay oder Gascogne lieber. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich häufiger mit Wein als mit Bier koche.

Bevorzugst du Kindergrößen, also kleiner als 0,5 ltr?
Ja. Ich bevorzuge in der Tat Kindergrößen. Könnte aber auch an meiner persönlichen Kindergröße liegen: 1,60 cm, irgendwas zwischen 44 und 49 kg. Und dann natürlich die erwähnten kleinen Hände.

Freitag, 29. Dezember 2006

Caliente sagt ...

Caliente sagt, es wird zu früh dunkel dieser Tage in Deutschland. Und dass es sich eigentlich gar nicht lohnt, dieser Tage in diesen Gefilden aufzustehen. Recht hat sie! (Und das Glück, im hellen, freundlichen Spanien diese Zeit zu überstehen).

Das musste einfach mal vermeldet werden. Glücklicherweise wird’s ja langsam wieder heller. Also: Weiter im Text.

Der Innenminister, dein Freund und Helfer

Neulich verkündete er, das Renteneintrittsalter von 67 Jahren sei nicht das Ende, weil Altersarbeit "wahrscheinlich das wirksamste Vorsorgeprogramm gegen die Verbreitung von Demenz" sei.

Das nenne ich doch mal Politikerdeutsch in Reinform. Was würden wir nur machen, wenn wir den Schäuble nicht hätten? Richtig, werter Leser: Ab dem 68. Geburtstag blöde vor uns hinsabbern. Da bin ich ihm aber dankbar, dem Herrn Schäuble. Und dem kleinen Kobold in meinem Kopf, der mir beharrlich einflüstert, dass die weitere Erhöhung ja eher was mit Misswirtschaft, falsch verstandener Versicherung, Habgier und Unfähigkeit zu tun hat, diesem frechen Kobold bläue ich auch noch die Schäubl’sche Wahrheit ein.

Gefunden bei den Zeitspuren.

Mittwoch, 27. Dezember 2006

Zum Schlaulesen

24 populäre Irrtümer rund ums Weihnachtsfest.

Von selbsternannten Messiassen und jüdischen Müttern

Ein Blick auf Maria, der sie aus der Passivität völlig heraushebt und zu einer Kämpferin macht, liest sich in der Welt.

Ham wa nich

Et war eenmal der kleene Ronny ... *räsuper* Also.

Ein gewisser Ronny, Student seines Zeichens, ist mit einer beeindruckend konsequenten Berliner Schnauze ausgestattet. Und dieser Ronny stürzte sich in das Abenteuer, ein Zusatzticket zu seinem Semesterticket zu bekommen. Und was er dabei so erlebte und ob er Erfolg hatte oder nicht, erzählt er – natürlich im schönsten Berliner Dialekt – bei Lim_Dul.

Eragon

Eragon ist ein 17-jähriger Bengel, der, wenn nicht Waise, so doch wenigstens Strowaise ist (seine Mutter verließ ihn unter mysteriösen Umständen), auf seiner morgendlichen Jagd ein seltsames blaues Ding entdeckt und plötzlich zur letzten Hoffnung seiner Welt wird. Näheres zum Storyboard gibt’s hier.

Eine klassisch-heroische Drachengeschichte also, deren Untertitel „Vermächtnis der Tempelritter Drachenreiter“ mich übrigens häufig zum Straucheln bringt. Allerdings weniger verkitscht als Dragonheart, sicher auch ein Verdienst des Schotten Robert Carlyle (Durza) und des Engländers Jeremy Irons (Brom).

Klar, dass meine Favoriten den ersten Teil dieser Trilogie nicht überleben. Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Der böse Herrscher Galbatorix (John Malkovich) scheint so sauer auf Eragon zu sein, dass er im nächsten Teil wohl selbst auf die Jagd nach ihm gehen wird. Man darf also gespannt sein.

Dienstag, 12. Dezember 2006

Genmanipulation für den Frieden

Wenn ich das Wort Moral höre, assoziiere ich es sofort mit den schwarzen Kleidern des viktorianischen Zeitalters, mit hochgezogenen Augenbrauen, mit Naserümpfen und sinnleeren gesellschaftlichen Ereignissen. Moral ist für mich immer etwas Aufgestülptes, eine kürzere und intellektuellere Umschreibung für „Das tut man nicht“. Das Verhalten, das unter anderem der kategorische Imperativ einfordert, hatte ich für mich unter dem Begriff Ethik abgespeichert – und wenn man sich den Unterschied zwischen den beiden Begriffen ansieht, lag ich offensichtlich rein intuitiv richtig.

Insofern stellen sich mir erst einmal die Fußnägel auf, wenn ich die Überschrift Moral steckt im Erbgut lese, nicht nur wegen der oben genannten Ausführung, sondern weil ich es gelinde gesagt seltsam finde, dass alles und jedes in den ollen Genen liegen soll – als nächstes heißt es noch, die Eva hätte recht, weil das übermütige Gen an 2. Stelle links unten irgendwie weibisch wirkt. Oder so.

Letztlich handelt es sich bei diesem Artikel um ein Interview mit dem Psychologen Marc Hauser, der in viele Versuchen belegt hat, dass der Mensch eine Art Grundmoral hat – unabhängig von Rasse, Religion, Alter, Geschlecht oder Erziehung. Und das klingt für mich ja nun richtig interessant – insofern ist das Interview absolut lesenswert.

Kriege sind übrigens ziemlich leicht zu verhindern, sagt er:

SZ: Die tiefsitzende Angst und Aggression Fremden gegenüber als Grundlage sozialer und kultureller Spannungen und Kriege lässt sich aber kaum wegdiskutieren.

Hauser: Das trifft zu. Das Interessante dabei ist, dass die Aggression anderen Gruppen gegenüber meist geschürt wird, indem man Abscheu vor anderen erzeugt. Man nennt sie Parasiten, Gottlose, Untermenschen, Wilde - die Nazis sind dafür das beste Beispiel.

So entstehen starke Feindbilder, zementiert durch elementare Aversion. Menschen, die an der Erbkrankheit Chorea Huntington leiden, kennen keine Abscheu. Das geht auf eine Genmutation zurück. Auch im Tierreich kommt diese Empfindung nicht vor. Wenn wir also Kriege verhindern wollen, müssten wir nur am richtigen Genschalter drehen. Ganz ehrlich: Würden Sie Abscheu wirklich vermissen?

SZ: Genmanipulation? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass sich so etwas durchsetzen ließe.

Hauser: Wenn man überlegt, was man tun müsste, um die Grausamkeit Fremden gegenüber aus der Welt zu schaffen: Dann wäre es genau das.

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Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
Solche "wichtigen" Meldungen...
... sollen doch nur von den Dingen ablenken, von denen...
DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
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Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12