Mittwoch, 13. April 2005

Auch Verbrecher können sich irrren

Stellen Sie sich vor, Sie schlendern nichtsahnend durch die Gassen. In der Mittagspause, beispielsweise. Genießen die Sonne, die Freizeit, den schönen Tag. Und werden auf einmal niedergestochen. Von zwei Bandenmitgliedern. Fassungslos lassen Sie geschehen, was geschieht. Vor Schock spüren Sie die Stiche nicht einmal. Dann hören Sie hektisches Gemurmel, einen lauten Fluch. Spüren, wie vier Hände Sie wieder aufrichten, Sie stützen, zur nächsten Bank führen. Hören einen der beiden sagen: „Entschuldigung, unser Fehler. Sie sind’s ja gar nicht. Und jetzt wären Sie fast gestorben. Tja, Künstlerpech.“ Merken, wie Ihre Kinnlade sich selbstständig macht und nach unten kippt, ohne dass Sie sie aufhalten könnten. Schon verschwinden sie, die beiden, und der andere droht noch im Weggehen: „Wenn Sie zur Polizei gehen, sind Sie tot.“ Jetzt wäre der Zeitpunkt, in Ohmacht zu fallen. Wenn man schon nicht aufwacht aus diesem Alptraum.

Und nein, dass ist nicht meiner kranken Fantasie entsprungen. Sondern tatsächlich passiert. Aber zum Glück nicht mir.

Mit lieben Dank an die Süße für den sachdienlichen Hinweis.

Fragen über Fragen

Es klingt herrlich, wenn Frau Gröner ihrer Neugier freien Lauf lässt. Ist ja auch langweilig, einfach nur Warum (bist du so wie du bist)? zu fragen. Schön, dass es Menschen gibt, die sich so sehr für andere Menschen interessieren. Schlimm, dass ich jetzt bestimmt zwei Tage ständig wiederkehrend den Song Road to Nowhere im Kopf habe, obwohl auch ich den noch nie gut fand.

Montag, 11. April 2005

Unterschrift für Frauenhäuser

Es ist ja nichts Neues, dass die Kommunen pleite sind. Und es ist auch nichts Neues, dass zuerst an kulturellen und sozialen Einrichtungen gespart wird. So wurde unter anderem das erste Hamburger Frauenhaus zum 1. Januar dieses Jahres geschlossen. Und es stehen noch viele weitere Frauenhäuser und andere wichtige Einrichtungen wie Jugend- und Kinderschutzprojekten, Notrufen und Therapiezentren auf der Abschussliste.

Die Lobby für Menschenrechte hat eine Unterschriftenaktion gestartet, um den Verantwortlichen zu zeigen, dass diese Kürzungen nicht jedem Bürger gleichgültig sind.

Impotenz schwächt Volkswirtschaft

Sieben Millionen Männer in Deutschland leiden zeitweise unter Erektionsproblemen, fand das Institut für Gesundheitsaufklärung heraus. Ich finde das nicht einmal schlimm, schließlich sind Männer ja wohl kaum so konstruiert, dass sie rammeln können wie die Karnickel. Aber die Begründung ist viel zu einfach, sie trifft den Kern der Sache nicht, geht meilenweit dran vorbei, zumindest, wenn man den befragten Männern glauben darf: So haben 73 Prozent der Männer weniger Lust auf Sex, weil ihnen ihr Leben zu stressig erscheint. Da eins das andere ergibt, ist klar, dass fast jeder zweite Mann unzufrieden mit seinem Sexualleben ist. Aber nicht etwa, weil es zu langweilig, zu unspontan, zu einseitig oder was auch immer wäre, was unmittelbar mit Sex zu tun hat, nein, sie sind unzufrieden mit ihrem Sexualleben, weil sie unter Leistungsdruck stehen und Angst davor haben, ihren Job zu verlieren. Also, nicht den Job des Sexual- oder gar Lebenspartners, sondern ihre reguläre Arbeitsstelle.

Das Paradoxe ist, dass ihre Sexualunlust ihren Arbeitsplatz nicht eben sicherer macht: Nach einer Liebenacht, die nach ihrem Verständnis keine war, benötigen Männer am nächsten Morgen etwa 1,06 Stunden, um sich wieder voll auf ihren Job konzentrieren zu können, ist hier nachzulesen. Frauen können sich sogar 1,44 Stunden nicht konzentrieren, wobei dahingestellt bleiben mag, ob es daran liegt, dass sie unbefriedigt, verärgert oder genervt sind oder schlicht daran, dass sie sich ob der obligatorischen Selbstvorwürfe ihres Göttergatten Sorgen machen. Und da die Liebespaare so häufig an ihre verkorksten Liebesnächte denken, gehen der Volkswirtschaft satte 65 Miliarden jährlich durch die Lappen. Hat jedenfalls das Institut errechnet. Irgendwie. Da will man gar nicht wissen, was der Volkswirtschaft durch Verliebtsein, Streit, Sorge um kranke Verwandte und Freunde, Trauer, Geldprobleme oder Krankheit durch die Lappen geht.

Doch zumindest gegen den Schaden durch Sexmangel lässt sich ja etwas ausrichen. Da bekommt der Satz, den Vicki Vomit ob der Kinderdiskussion prägte, plötzlich ein ganz anderes Gewicht: Jetzt heißt es zwar wieder „Ficken für Deutschland“, aber nicht mehr der Kinder, sondern des Aufschwungs wegen.

Die Deutschen und ihr Auto oder: Vom Rad fahren unter Lebensgefahr

„Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind“ heißt es immer wieder, mal voll Stolz, mal vor Unglauben, mal resigniert seufzend oder genervt die Augenbraue hochziehend. Die zahlreichen Versuche, diese unappetitliche Liebe der breiten Masse aus dem eigenen Bewusstsein zu verdrängen, sie einfach nicht wahrzunehmen, den Deutschen ganz tolerant ihr Kind zu lassen und selbst unbehelligt von den Auswüchsen dieser schrägen Liebe zu bleiben, scheitert in schöner Regelmäßigkeit. Immer dann, wenn unansehnliche Rostlauben um jeden Preis die 30-Zone hinter sich zu bringen versuchen und sich der aufheulende Motor einen erbitterten Konkurrenzkampf mit der voll aufgedrehten Anlage liefert. Und die Coolness der Fahrzeugführer nur noch durch die Blödheit ihrer sie anhimmelnden Beifahrerinnen übertroffen wird.

Aber auch immer dann, wenn im Frühjahr die einladend-abschätzenden Blicke der meist sonnenbank-gebräunten, meist notorisch blonden, immer notgeilen alten Säcke junge Frauen in knappen Kleidern und Röcken taxieren, ganz in der irrigen Annahme, sie hätten alle Chancen der Welt, nur weil sie irgendein teures Cabriot fahren.

Und nicht zu vergessen immer dann, wenn wieder einmal von Selbstjustiz zu hören ist. Gibt es eigentlich eine Studie, die mal erforscht hat, welche Unsummen die Krankenkassen für Schlägereien und Unfallfolgen durch verrückte Autofahrer ausgeben müssen?

Ganz aktuelles Beispiel: Ein Mann ist stolz auf seinen Porsche. Und dann tut irgendjemand seinem Porsche was an. Vielleicht hat ihn gerade seine Freundin verlassen, sein Chef rausgeschmissen und der McChicken war kalt. Und er hat sich gefreut, endlich wieder seinem geliebten Auto nahe zu sein. Und bemerkt, dass seinem Auto etwas passiert ist. Dann sieht er diesen ... Fahrradfahrer. Verächtlich schnaubend will er sich wieder seinem verletzten Baby zuwenden, als ihm der Gedanke kommt, dass der Radfahrer etwas wissen könnte, nein, wissen muss! Er spricht ihn an, das irre Glitzern in den Augen des Autofahrers entgeht seinem Gegenüber. Nein, sagt der ahnungslose, weil unverliebte Radfahrer, er habe niemanden gesehen. Und fährt weiter. Jetzt brennen die Sicherungen durch, das Gehirn des Porschefahrers schaltet wegen Überhitzung und Systemüberlastung ab, überlässt dem Trieb die Führung des nun geistlosen Körpers. Er verfolgt den Radfahrer - natürlich in seinem geliebten Porsche - über Rad- und Gehwege, rammt ihn zweimal und begeht Fahrerflucht, als der „Gegner“ endlich vom Rad fällt. Es wäre zwar besser gewesen, er hätte sich mit seinem beschädigten Auto abgefunden, weil er sich dann Ermittlungen wegen Fahrerflucht, Verkehrsgefährdung, Nötigung und Körperverletzung erspart hätte, aber so ein richtiger Autofahrer muss halt die richtigen Prioritäten setzen.

Quelle.

Mit Dank an die Süße für den sachdienlichen Hinweis.

Der Papst ist tot und was die Lutheraner davon halten

Herr Mausshardt von der taz ist evangelisch und ziemlich genervt ob des Pomps um den Papst. Und das liest sich ziemlich witzig.

Ich persönlich habe von der ganzen Misere kaum etwas mitbekommen. Aber ich gucke auch selten Fernsehen. Und schaue noch wesentlich seltener in die Bunte. Ist offensichtlich - für eine Heidin - auch besser fürs Nervenkostüm.

Freitag, 8. April 2005

Wünsche für ein prima Leben

Ich wünsche dir,
dass du arbeitest, als würdest du kein Geld brauchen,
dass du liebst, als hätte dich noch nie jemand verletzt,
dass du tanzt, als würde keiner hinschauen,
dass die singst, als würde keiner zuhören,
dass du lebst, als wäre es das Paradies auf Erden.

Irisches Sprichwort

Frühling in der Kleinstadt

Was ist zu sagen über den Frühling, eben jenen Frühling, auf den ich den ganzen Herbst und Winter wartete? Er ist wunderschön, obwohl mir die ersten Sonnenstrahlen mit penetranter Konsequenz klarzumachen versuchen, dass die Fenster eine Grundreinigung benötigen, obwohl die Menschen ihren Frühlingsgefühlen nachgeben und langsam aber stetig die modischen Entgleisungen zunehmen und obwohl, ja, obwohl die Sonne, die Wärme, die Hormonumstellung oder gar die Zeitumstellung dafür sorgen, dass die Gefühle auf indiskutabel irrationale Pfade gehen.

Es wäre Zeit für eine gepflegte Depression, doch es ist keine Zeit. Und sie lohnt sich nicht. Das Leben ist - eigentlich - viel zu schön.

Mittwoch, 6. April 2005

One day in Europe auf bloggisch

Man stelle sich vor: Ein Blog, der übers Großstadtleben berichtet. Nicht nur über das Großstadtleben einer Stadt. Sondern vieler Städte. Nicht nur über das Großstadtleben Deutschlands. Sondern Europas.

Gibt's nicht? Stimmt! Aber Sehpferd möchte das ändern. Und sucht Blogger aus europäischen Großstädten, die in Englisch oder Deutsch über ihr Stadtleben berichten möchten. Und hat mit mir ab 1. Mai schon mindestens eine eifrige Leserin.

Freitag, 1. April 2005

Himmelsscheibe goes Coca Cola

Es ist ja allgemein bekannt, dass es mit der Finanzlage einiger Bundesländer nicht gerade zum Besten bestellt ist. Sachsen-Anhalt ist so ein Land. Und Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Aber dass Erfindungsgeist soweit gehen kann, hätte ich mir in meiner angeborenen Naivität nicht träumen lassen. Aber alles der Reihe nach:

Vor drei Jahren wurde in der Gemeinde Nebra eine 3.600 Jahre alte Himmelsscheibe entdeckt. Nebra liegt in Sachsen-Anhalt, die Himmelsscheibe wird also von diesem Land der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, die Eintrtitsgelder der Ausstellung gehen folglich auch in die Landeskasse. Doch das reichte dem Landesarchäologen bei weitem nicht aus:

Er beruft sich nämlich auf das Urheberrecht und will deswegen an jeder Abbildung der keltischen Scheibe Geld verdienen. Es ist natürlich so, dass der Landesarchäologe weder Urheber noch Nachfahre des Urhebers der Himmelsscheibe ist. Außerdem würde er selbst als Nachfahre in die Röhre gucken: 70 Jahre nach dem Tod des jeweiligen Künstlers erlischt das Urheberrecht und somit auch die Einnahmequelle.

Aber es gibt da so ein Gesetz, das besagt, dass jemand, der ein unveröffentlichtes Werk entdeckt, genauso wie ein Urheber von den Nutzungsrechten partizipiert. Ich würde da eher an alte Schriften denken, der Gesetzgeber sah das ähnlich, der Landesarchäologe allerdings nicht. Und um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, hat er die Scheibe mal eben als Marke angemeldet und verklagt nun fröhlich Institutionen, die sich die Frechheit herausnehmen, die Scheibe abzubilden.

Ich denke bei dem Wort „Marke“ in diesem Kontext immer als erstes an Coca Cola, obwohl ich das Zeug überhaupt nicht mag. Muss wohl an der erfolgreichen Werbestrategie des Unternehmens liegen. Doch was hat Coca Cola mit der Himmelsscheibe zu tun? Weder ist die Himmelsscheibe ein Getränk, noch ist sie ein Produkt, das vom Land Sachsen-Anhalt aus Marketing- oder sonst welchen Gründen entworfen oder hergestellt wurde.

Wenn die Richter der Logik des Landesarchäologen folgen, könnte es ungemütlich werden: Wer will dann noch selbst die kleinste Gemeinde daran hindern, ihre noch so unbedeutende historische Sehenswürdigkeit zur Marke zu erklären? Insofern scheint mir Coca Cola, als Symbol des westlichen Kapitalismus, als Vergleich gar nicht so schlecht getroffen zu sein.

Quelle.

Kleinstadtellis Welt

von mittelalterlichem Kleinstadtleben, großstädtischen Ausflügen und seltsamen Anwandlungen

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Stadtgespräch

Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
Solche "wichtigen" Meldungen...
... sollen doch nur von den Dingen ablenken, von denen...
DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
In der Heute Show wurde...
In der Heute Show wurde ein schöner Plakat - Schnappschuss...
Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12