Montag, 28. Februar 2005

Sind wir eine Bedrohung?

Dr. Rolf Pohl vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Uni Hannoer hat sich gefragt, warum sexuelle Gewalt existiert und vor allem warum sie überwiegend männlich ist. Die Antwort ist so einfach wie beklemmend: Männer haben Angst vor der Weiblichkeit. Die Gründe sind in der Falle zu suchen, die sich Männer jahrhundertelang selbst gestellt haben: Sie sind das starke Geschlecht, doch die Frau weckt Verlangen in ihnen, nimmt ihnen also die Kontrolle und zeigt ihnen ihre Schwäche. Und das alles, obwohl Frauen doch eigentlich das schwache Geschlecht sind. Das weckt natürlich Angst, Wut, Aggression.

Das Elend in Zahlen: Pohl weist in seinem Buch Feindbild Frau auf eine repräsentative Studie hin, nach der 88 Prozent der deutschen Männer unbewusst Angst vor Frauen und 84 Prozent Angst vor Potenzversagen haben.

Das Elend ist mir – auch ohne Umfragen und Doktoren – schon länger bekannt. Nur ist’s doch schockierend, die Zahlen schwarz auf pastell-orange-rot zu lesen. Also, liebe Männer: Verlasst die Strukturen, die euch fesseln und die diese Angst in euch wecken. Das wäre dann echte Stärke. Und wir brauchen über Feminismus nicht mehr zu diskutieren.

Ein Ünglückstag für meine Kleinstadt

Ein aufregender Samstag liegt hinter meiner Lieblingskleinstadt: Um 9:24 Uhr gingen die Lichter aus. Stromausfall. Kann ja mal vorkommen. Zum Glück hatte ich mich noch gar nicht auf Frühstück und damit einen heißen Cappuccino eingestellt. Was ist schließlich ein Frühstück ohne frische Brötchen? Also ab zum Wochenmarkt, um mich auch gleich mit den notwendigen Vitaminen in Form von Gurken, Romanesco und Blumenkohl einzudecken. Der Verdacht, dass zumindest die ganze Innenstadt betroffen sei, erwies sich als richtig. Mehr noch: Die zuverlässige Gerüchteküche des Wochenmarkts sprach davon, dass selbst umliegende Dörfer länger oder zumindest kurzzeitig ohne Strom waren. Schiebetüren der Geschäfte blieben geschlossen, die Kassen blieben stumm, selbst die Waagen einiger Wochenhändler versagten ihren Dienst. Und das ganze 82 Minuten lang. Der Grund war eine Verkettung unglücklicher Umstände, an deren Ende ein brennender Strommast stand. Ich bin sehr froh, dass ich nicht in einem Aufzug steckte. Denn so konnte mich der Stromausfall nicht wirklich schocken: 10 Minuten, nachdem ich vom Wochenmarkt zurück war, war auch der Strom wieder da. Und einem heißen Cappuccino stand nichts mehr im Wege.

Doch für meine Kleinstadt war das Übel noch nicht vorbei: Eine Dreiviertelstunde später, so ist in meiner Tageszeitung zu lesen, gab’s Alarm am Bahnhof. Ein verlassener Aktenkoffer stand im Verdacht, mit gefährlichem Sprengstoff befüllt zu sein. Natürlich wurde der Bahnhof und umliegende Straßen gesperrt, Züge durften nicht mehr halten. Die armen Fahrgäste! Meine Kleinstadt ist zwar nicht wirklich bedeutend, dafür aber seit jeher ein Verkehrsknotenpunkt. Das dürfte ein anstrengender Ausflug geworden sein. Etwa drei Stunden später klärte das eigens angerückte Sprengstoffkommando aus der Landeshauptstadt die Situation: Der Koffer war mit Papierresten und einer leeren Süßigkeitentüte befüllt.

Donnerstag, 24. Februar 2005

Nadelbinden macht glücklich

Das Nadelbinden und ich, wir sind schon ein komisches Paar. Letztes Jahr kaufte ich auf einem Mittelaltermarkt in Österreich eine Nadelbindernadel und packte sie fein säuberlich zu meinen Mittelalter-Errungenschaften, ohne so recht zu wissen, wie ich anfangen soll. Ein bisschen Recherche führte mich von Flinkhand zu Bernhard, dessen leicht verständliche Anleitung mir den Anfang ermöglichte. Nachdem ich Hörbücher hörend schon ein gutes Stück vorangekommen war, musste ich leider feststellen, dass aus dem geplanten Schal eher ein Puppenröckchen geworden war. Offensichtlich nehme ich unautorisierterweise Maschen ab, wo gar keine Maschen abzunehmen sind.

Das allerdings erfreut meine Mutter: Bernhard gab mir den Tipp, die mir leider fehlenden Nadelbinder-Kenntnisse beim Häkeln abzugucken. Meine Mutter, die ich leider viel zu selten beehre, kann häkeln und ist daher zu meiner Lehrerin bestimmt worden. Ganz aufgeregt fragte sie auch gleich, welches Häkeln ich denn lernen wolle und warf mit spannenden Begriffen um sich, mit denen ich natürlich überhaupt nichts anfangen konnte. Wir haben uns also auf die einfache Variante geeinigt, schließlich geht’s ja nur ums Abgucken.

Und alle sind glücklich: Meine Mutter freut sich, endlich mal wieder ihre Tochter zu sehen, ich freue mich, dem erträumten Schal einen Schritt näher gekommen zu sein, Madman freut sich, denn er wird ihn nach Fertigstellung bekommen und die obligatorische Flasche Wein bei unserem Treffen wird sich sicher auch freuen, endlich getrunken zu werden.

Das A vereint

Das böse A schlug unerwartet Wellen: Lunula und die Trebetaner kamen nicht umhin, ihr – mit mir konform gehendes – Statement dazu zu bloggen und Ceadh kommentierte den Bericht positiv. Nun haben – wenn ich Borre und Lunula mal als zusammengehörig zusammenzähle – alle Blogger des Genres Stellung bezogen. Fein, dass wir uns alle so schön einig sind.

Nix Führer: Führerin!

anfu

sagte mir gerade der Mitläufer-Test.

Ich muss mir nur noch überlegen, wen ich wohin führe. Aber da fällt mir bestimmt auch noch was ein. Wer nicht geführt werden will, möge aus Sicherheitsgründen in Deckung gehen.

via Freifrau, ebenfalls Anführerin.

Von missverständlichen Dating-Regeln

Da sage noch mal einer, Blogs bilden nicht: Soeben lese ich bei Sebas, dass es bei Dates eine Drei-Tage-Regel für Männer gibt. Die besagt, dass Männer sich frühestens drei Tage nach einem Date bei der Frau ihrer Träume melden dürfen. Oh. Oha. Ich habe in Mondscheintarif das erste Mal von solchen Regeln, Ritualen, dos and dont’s gelesen mit der Pointe, dass Mann und Frau sich mit der Einhaltung dieser widersinnigen Regeln selbst folterten. Also dachte ich, diese Regeln wären der überzogenen Fantasie der Frau von Kürthy entsprungen. Doch nein, sie existieren wirklich und Männer und Frauen machen sich und gegenseitig dank dieser Regeln, die wie üble Selbstmalträtiermethoden die Menschen umkreisen, das Leben schwer – viel schwerer als es nötig wär’.

So muss der arme Sebas nämlich erleben, dass diese Drei-Tage-Regel, die er sich so mühsam antrainiert hat, nun gar nicht mehr en vogue ist. Jetzt möchten Frauen, so seine Erfahrung, eher gleich „betüdelt“ werden. Und für ihn stürzt – verständlicherweise – ein Weltbild zusammen. Und ich muss mich stirnrunzelnd fragen, auf wie viele Männer ich wohl sauer war, obwohl die armen Kerle nur irgendwelche komischen Regeln befolgt haben? Oder auch umgekehrt: Wie viele Männer ich wohl vergrätzt habe, nur weil ich eine Regelübertretung nach der anderen vollführ(t)e? Nicht, dass ich mir jetzt irgendwelche Regeln merken oder gar auferlegen werde. Aber so eine Missverständnis-Statistik dazu wäre durchaus interessant.

Nachtrag:
Bei den beiden wundervollen und fabelhaften
Frau Modeste
und
Frau Fragmente

gibt's noch mehr Lehrmaterial dazu.

Mittwoch, 23. Februar 2005

Die Düsseldorfer Idee

Vor einigen Jahren hatte ich einen sehr guten Brieffreund aus Düsseldorf, der sich unter anderem durch eine unbändige Leselust auszeichnete. Das ging sogar soweit, dass er sich eine richtige Kartei anlegte, in der er Titel und Autor der gelesenen Bücher vermerkte. Außerdem notierte er, wann er das Buch gelesen hatte und skizzierte kurz den Inhalt. Ich fand die Idee eigentlich ganz gut, denn wie oft weiß ich gar nicht mehr, was so alles in den Büchern steht, die ich bereits im Laufe meines Lebens verschlungen habe. Doch für so eine Kartei habe ich nun wirklich nicht den Nerv. Als ich Ein alter Traum von Liebe hörte, habe ich einfach so meine Gedanken zu diesem Buch für dieses Blog aufgeschrieben. Und gleichzeitig beschlossen, den Bereich „Kulturelles“ unter anderem für eine solche Kartei zu missbrauchen.

Bücher, Hörbücher oder Filme, die mich so wenig beeindrucken, dass ich sie nicht bis zum Schluss konsumiere, sind von dieser Regelung natürlich nicht zwangsläufig betroffen. Genauso wenig wie Anthologien, Kurzgeschichten, Erzählungen und Gedichte. Doch manchmal mögen auch sie sich mit hier hinein schleichen. So wie Damals warst du still, zum Beispiel. Manchmal schnappe ich mir ein Buch einfach aus dem Bauch heraus, bei Hörbüchern bin ich noch skrupelloser. Der Titel klang irgendwie gar nicht schlecht, auch das Cover gefiel mir. Doch nach fünf Minuten merkte ich mal wieder, dass auch der Inhalt entscheidend ist. Und ich mag keine Krimis, wirklich nicht. Mal sehen, was meine Hörbuch-Sammlung als nächstes rauswirft. Schließlich muss ich noch Borte vernähen.

Ein alter Traum von Liebe

Wieder einmal ein Hörbuch und wieder eins, das verdammt gut ist:

Ein alter Traum von Liebe entführte mich nach Irland, in das Leben der fast 50jährigen Irin Kathleen de Burca aus der Gegenwart und ganz nebenbei auch noch in das Leben der englischen Landbesitzergattin Marianne Talbot aus dem 19. Jahrhundert, zur Zeit der irischen Hungersnot.

Schön, wie die beiden Geschichten ganz locker miteinander verbunden sind. Kathleen war bis zu ihrem „Ausbruch“ Reisejournalistin, sie verließ Irland und ihre unschönen Erinnerungen an das Land vor vielen Jahren und kehrt nun, nach dem Tode ihres besten Freundes zurück, um der Geschichte Marianne Talbots nachzuspüren, die eine Affäre mit einem irischen Stallburschen gehabt haben soll. Ganz nebenbei verliebt sie sich selbst in einen Mann, der dummerweise verheiratet ist und ihr Leben nicht unbedingt einfacher macht. Aber befreiter.

Man spürt Irland, die Geschichte, das Leid, aber auch die irische Mentalität. Die Liebesgeschichten – wenngleich auch tragisch – sind übrigens gar nicht pathetisch, melodramatisch, erdrückend, sondern leicht, sie entlocken das eine oder andere Mal ein Lächeln und sehnsüchtig-leicht-melancholisches Mitfühlen – und das trotz meiner „Jugendlichkeit“.

Hörenswert. Sehr hörenswert.

Dienstag, 22. Februar 2005

Interpretation eines Wahlergebnisses auf kleinstädtisch

Gestern im Zug, der schon zum Endspurt auf meine Kleinstadt ansetzte, durfte ich dieser Unterhaltung lauschen:

Er, Anfang 50, Holländer, Anzug, Aktentasche: „Also, ich weiß ja auch nicht, warum die Dänen jetzt auf einmal zwei Stimmen bekommen haben. Eine hätte doch völlig gereicht.“

Kleinstadtelli schnappt nach Luft, beißt sich auf die Zunge, verdreht die Augen. Als sie wieder hinhört, ist das Gespräch bereits weiter fortgeschritten.

Sie, Mitte 50, Deutsche, Marke Kleinstadt-HighSociety: „Ja, die Simonis, die ist auf die Machtposition aus. Ohne Macht kann die nicht leben.“

Kleinstadtelli hebt die Augenbraue, versucht krampfhaft das Bild einer Stammtisch-Kaschemme aus ihrem Kopf zu vertreiben. Am Rande bekommt sie mit, dass der Holländer plötzlich von Frau Roth spricht.

Sie antwortet: „Ja, die Roth, die ist auch total auf Macht aus. Die hat ja sonst auch nichts. Na ja, außer ihrer Pension. Deswegen gehen die Leute doch überhaupt in die Politik. Die haben doch ausgesorgt.“

Unter höhnischem Gelächter der beiden, sie: „Ja, dann gehen wir auch in die Politik, dann geht’s uns gut.“

Natürlich steigen beide am Bahnhof meiner Kleinstadt aus, verabschieden sich nett voneinander und werfen sich ein „Bis morgen!“ zu. Also Kleinstädter. Stark anzunehmen, dass es sich um Bild-lesende Kleinstädter handelt. Irgendwo müssen die den Quatsch ja herhaben.

Montag, 21. Februar 2005

Werbung

Der Mag fand meinen Blog „[...] seeeeeeeeeeeeeeeeehr interessant ...“. Ja, er benutzte exakt diese Anzahl „Es“. Ja, es ist der Mag, dessen Altamura einen der spärlichen Plätze meiner Linkliste ergattern konnte. Ja, es bedeutet etwas Gutes ... irgendwie. Und unkommerzielle Websites und Blogs in Kinderschuhen können Werbung immer gebrauchen. Glaube ich. Immerhin ist er Magister, das ist doch schon was, oder?

Gegen Verbrechen im Namen der Ehre

Und wieder ist passiert: Ein Ehrrenmord, mitten in Deutschlands Hauptstadt. Hatin Sürücü wurde höchstwahrscheinlich deswegen getötet, weil sie ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in Anspruch nahm. In Deutschland. Wo das Grundgesetz die Gleichberechtigung ausdrücklich festschreibt. Wo die Würde des Menschen unantastbar ist. Doch was nützt das schönste Grundgesetz, wenn niemand da ist, der es durchsetzen will?

Eine Studie von Papatya, einer Berliner Kriseneinrichtung für junge Migrantinnen, ergab laut Spiegel, dass zwischen 1996 und 2004 45 Ehrenmorde in Deutschland begangen wurden. Wer meint, dass eine solch geringe Zahl die Kampagne gegen Verbrechen im Namen der Ehre von Terre des Femmes nicht rechtfertigt, möge bitte bedenken, dass die meisten Frauen eben nicht ausbrechen und ihr Los als moderne Sklavinnen ihrer Ehemänner und Schwiegermütter hinnehmen. Und das tausendfach ebenfalls mitten in Deutschland.

Und wer meint, es gebe für diese Praktiken keinen Nährboden, lasse sich dieses Statement auf der Zunge zergehen: „Sie hat ja wie eine Deutsche gelebt“, kommentierten drei Schüler einer dem Tatort nahe gelegenen Hauptschule. Dass der Rektor gleich eingeschritten ist, mögen die Schüler aber nicht verstehen. Sie meinen, dass war doch nur Spaß.

Szenenwechsel: Sommer, an der gleichen Schule: Die wenigsten Musliminnen tragen Kopftuch. Das sieht ja schon liberal aus. Doch Musliminnen sollten sich mit Minirock nicht erwischen lassen. Jedenfalls nicht, wenn ihnen das Schimpfwort Schlampe nicht gefällt.

Kleinstadtellis Welt

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Stadtgespräch

Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
Solche "wichtigen" Meldungen...
... sollen doch nur von den Dingen ablenken, von denen...
DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
In der Heute Show wurde...
In der Heute Show wurde ein schöner Plakat - Schnappschuss...
Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12