Kleinstadteintopf

Freitag, 18. März 2005

Erlebnis Bahn

Ich gehöre zu den vielen Menschen, die täglich zur Arbeit pendeln. Weil ich graue Haare, Stressfalten und Herzinfarkt vermeiden will, verzichte ich darauf, mich mit dem Auto morgens und abends in den Berufsverkehr zu stürzen, um als Belohnung auch noch ewig einen Parkplatz suchen zu müssen. Stattdessen fahre ich Bahn oder Metronom und nehme etwaige Verspätungen, merkwürdige Fahrgäste und schlechtgelaunte Fahrgastbetreuer gelassen hin.

Doch was Nico zu berichten weiß, lässt mich nachts erschreckt auffahren. Ich besitze zwar keine Bahncard welcher Art auch immer, dafür aber eine Jahreskarte, die nächstes Jahr (zum ersten Mal) erneuert werden will. Ob mir dann auch ein Kontakt mit BGS-Beamten bevorsteht, weil Bahn-Mitarbeiter oder –Software den Wechsel nicht fehlerfrei hinbekommen? Eine dreistündige Verspätung ist mir da doch wesentlich lieber.

Dienstag, 15. März 2005

Auch eine Art, auf ein Zugunglück zu reagieren

Seit über einem Jahr sieht man am Bahnhof meiner Kleinstadt Züge in den leuchtenden Farben blau, weiß und gelb ein- und abfahren. Diese Züge sind von der Metronom, einer Firma, die aus allen möglichen Interessenvertretern, Nahverkehrsnetzen und was weiß ich noch besteht. Als Fahrgast hat man in diesen Zügen nur einen einzigen Nachteil, der anderen Fahrgästen jedoch eher als Pluspunkt erscheinen wird: Absolutes Rauchverbot.

Die Fahrgastbetreuer sind im Schnitt um ein Vielfaches netter als ihre Kollegen der Deutschen Bahn. Außerdem finden sie sich erstaunlicherweise wesentlich besser in deren Tarifdschungel zurecht. Möglich, dass so einige Bahnmitarbeiter so manches Mal vom Neid gepackt werden: Die Züge sind bunter, die Uniformen sind hellblauer und die Fahrgastbetreuer beliebter. Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass sich Bahnmitarbeiter allzu gerne diesen Neidgefühlen hingeben und gerne mal den Metronom-Mitarbeitern den einen oder anderen schwarzen Peter zuschieben, der eigentlich der ihre wäre. Die Metronom-Mitarbeiter nehmen's allerdings gelassen, rollen vielleicht noch verstohlen mit den Augen und bügeln aus, was sie können. Doch das, was am Sonntag abend passierte, sorgt bei mir für ein komisches Gefühl im Magen:

Der Metronom begab sich auf seine letzte Fahrt für diesen Abend. Raus aus der Kleinstadt, rein in die Großstadt. Leider kam er aus der Kleinstadt gar nicht erst raus, weil er kurz hinter dem Bahnhof von einer Regionalbahn gerammt wurde, die da eigentlich gar nicht hätte sein dürfen. Zum Glück waren wegen der Uhrzeit nicht viele Fahrgäste unterwegs und der Metronom auch noch nicht so schnell, so dass die meisten mit einem Schock davonkamen und es auch keine Toten und/oder Schwerverletzten gibt. Warum genau die Regionalbahn da langfuhr, wird noch geklärt. Ich will der Bahn auch keine bösen Absichten unterstellen, schließlich können Fehler vorkommen, auch wenn es sich – wie in diesem Fall – um lebensgefährliche Fehler handelt.

Doch es mutet schon irgendwie merkwürdig an, wenn die von einem Fahrgast alarmierten diversen Rettungswagen und Feuerwehren unverrichteter Dinge wieder zurückfahren müssen, weil sie nicht an die Unglücksstelle gelassen werden. Der Grund: Die Notfallmeldestelle der Bahn in Hannover hatte keine Lust, den Zugverkehr der angrenzenden ICE-Strecke zu unterbrechen, nur weil da irgendwelche Rettungskräfte rumstehen. Schließlich hatte die Bahn nun schon drei Wochen lang wegen Bauarbeiten an dieser Strecke andauernd irgendwelche Verspätungen. Da wollten die Verantwortlichen wahrscheinlich den vielen, vielen Reisenden nicht jetzt auch noch eine durchaus verständliche Verspätung zumuten. Wo doch jeder weiß, dass Sonntag, kurz vor Mitternacht die Hauptreisezeit der Deutschen ist.

Freitag, 11. März 2005

Von journalistischer Bescheidenheit

Das nenne ich doch mal Firmenpolitik: Man gründet im November 2003 eine Firma, die unter anderem als Texterwerkstatt fungieren soll, und hat im März 2005 gerade einmal eine Referenz zu bieten, die sich bereits beim flüchtigen Überfliegen als bezahlter PR-Text in einer lokalen Zetung entpuppt.

Natürlich stellt man diese auf seiner Internetseite unter Ref/Links seinen potenziellen Kunden zur Verfügung. Damit man nicht zu unbescheiden wirkt, findet sich diese eine Referenz erst ganz, ganz weit unten unter mal mehr und mal weniger, mal mehr und eher weniger sinnvoll kommentierten Linktipps wieder.

Und da man etwas ganz Besonderes und somit auch ganz besonders bescheiden sein möchte, zerreißt man diese eine Referenz ganz fürchterlich, unterstellt ihr mangelhaftes journalistisches Feingefühl, offensichtlich nicht wohl wissend, dass dieses Feingefühl in der Praxis bei PR-Beiträgen ohnehin nicht erwünscht ist und prangert die vorhandenen Rechtschreibfehler an. Und damit der Leser auch weiß, wie gruselig sich mangelndes Sprachgefühl und mangelnde Rechtschreibsicherheit liest, ist der Verriss (wie natürlich, um konsequent zu bleiben, der gesamte Inhalt der Seite) ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man als Texter oder Journalist eben gerade nicht schreiben sollte. Und damit das dem geneigten Leser auch ja nicht entgeht, übertrifft man den PR-Text natürlich bei weitem.

Dienstag, 8. März 2005

Arbeitssuche per Bundesagentur für Arbeit – ein hypothetisches Hütchenspiel

Ich hörte bereits von mehreren Seiten davon, dass die Mithilfe der Mitarbeiter der hiesigen Agentur für Arbeit, ihre Schutzbefohlenen wieder in Lohn und Brot zu bringen, sehr zu wünschen übrig lässt, aber das setzt dem Gehörten eine ziemlich schäbige Krone auf:

Ein guter Freund hat vor endlos langer Zeit einmal eine Ausbildung gemacht. Hat nie in seinem Ausbildungsberuf gearbeitet. Und bis vor kurzem in einem wesentlich höher qualifizierten Job gearbeitet, dessen Feinheiten er sich selbst erarbeitet hat. Nun wurde sein Vertrag gekündigt, weitere Auftraggeber fielen weg, und mir Naivling war klar, dass seine Biografie nach einer Weiterbildung schreit, da er keine Berufserfahrung in seinem Ausbildungsberuf hat und ihm die Theorie des zweiten Jobs fehlen.

Doch für Weiterbildung ist kein Geld da. Sagte ihm seine freundliche Beraterin. Und: Außerdem stünde er während einer Weiterbildung ja nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Und: Wenn er es sich leisten könne, könne er die Weiterbildung ja selbst bezahlen. Deswegen beantragt er ja auch Hartz IV. Weil er Geld hat. Logisch. Doch aufgemerkt: Er könne zwischen zwei Ein-Euro-Jobs wählen. Das teilte ihm die freundliche Beraterin auch noch mit. Und schwieg dann.

Super. Also kann der gute Mann nun bei einer Job-Integration mitmachen, die er gar nicht braucht, weil er ja gearbeitet hat. Und ansonsten gibt’s keine Perspektive für ihn aus dem Hause der Arbeitsagentur. Also ist es nach wie vor so: Wer keine Arbeit sucht, muss sich nur auf seinen Berater vom Arbeitsamt von der Bundesagentur für Arbeit verlassen. Irgendwie paradox finde ich. Aber das liegt sicher nur an mir.

Montag, 7. März 2005

Das Streusalz is’ alle

Der Winter kommt, wo’s doch eigentlich schon fast Frühling wäre. Und schon gibt’s Engpässe. In der Straßenmeisterei meiner Kleinstadt gibt’s kein Streusalz mehr, der Nachbarstadt ging schon ein Tag früher die Puste aus und belifert werden im Moment – zumindest in meinem Bundesland – ohnehin nur noch Autobahn-Straßenmeistereien. Doch von wärmeren Temperaturen ist irgendwie noch nicht die Rede. Und der Nachschub muss über den Atlantik kommen, wenn er denn überhaupt noch angefordert wird. Schließlich ist Streusalz zu dieser Jahreszeit wesentlich teurer als im Sommer. Beruhigend, dass ich auf mein Auto nicht angewiesen bin. Zu Fuß schliddert sich’s doch wesentlich ungefährlicher.

Zuviel der Drogen!

Christian G. sitzt auf der Anklagebank. Zusammen mit Jennifer V. und Anna P. Soviel Frauenpower war wohl kaum zu ertragen für den Mann: Was seine Fahne verriet, bestätigte der Alcomat: 1,79 Promille. Um 9 Uhr morgens. Im Gericht. Doch es stellte sich nicht die Frage, ob er trotz des Alkoholspiegels die Verhandlung durchhalten würde. Sondern, ob die 1,79 Promille für die Verhandlungsdauer – der ganze Tag war angesetzt – ausreichen würde. Der Gutachter entschied sich dagegen und verwies auf die zu erwartenden Entziehungserscheinungen.

Doch worum ging es eigentlich? Die drei, so war in meiner Tageszeitung zu lesen, klauten wie die Raben. Tangas, Billig-Kräuterschnaps, Herrensocken: Alles, was nicht niet- und nagelfest war, landete in ihren Taschen. Das Stichwort "Beschaffungskriminalität" fiel mehr als einmal. Als Zeugen sind sie nicht zu gebrauchen, geständig können sie nicht sein, denn bei jedem ihrer Raubzüge waren sie derart zu, dass sie sich schlicht nicht mehr erinnern können.

Anna, mit 24 die jüngste, hat schon alles durch: Begonnen hat’s mit 12 Jahren mit Alk, dann kam Cannabis, LSD, Heroin, Kokain, Ecstasy und mit 19 Crack. Bei Heroin und Alkohol ist sie bis heute geblieben, beides Drogen, von denen schwer zu lassen ist.

Meine Lieblingsrichterin – deren wallendes graues Haar wohl nicht nur vom Alter herrührt – hat ihr eine Langzeitentziehungskur verordnet. Das ist Annas letzte Chance, bevor sie völlig im Drogensumpf untergehen wird. Ich hoffe, sie greift nach diesem Strohhalm. Ich hoffe es wirklich.

Mittwoch, 2. März 2005

Du wolle Lottoschein kaufe?

Das Telefon klingelt. Man freut sich auf ein nettes Gespräch. Und dann stellt man fest, dass eine fremde Dame oder ein fremder Herr einen zu einem glücklichen Menschen machen möchte. Natürlich unabhängig davon, ob man das möchte oder nicht. Meistens mit Lotto-Tippscheinen, die ein Heidengeld kosten, dafür aber die Gewinnchancen erheblich erhöhen sollen. Dummerweise spiele ich kein Lotto. Bedauerlicherweise ist das bei den Herren und Damen des Telefonmarketings aber noch nicht angekommen. Also erklärt man das immer wieder neu, leise seufzend, bisweilen schon genervt, wenn man zum x-ten Mal die Frage hört: Wollen Sie denn nicht gewinnen?

Doch jetzt, dem Shopblogger sei gedankt, freue ich mich schon auf die nächste Telefonattacke. Ich werde nämlich fiese grinsend zurückschlagen. Mit dem Gegenwehrskript. Das wird ein Spaß!

Montag, 28. Februar 2005

Ein Ünglückstag für meine Kleinstadt

Ein aufregender Samstag liegt hinter meiner Lieblingskleinstadt: Um 9:24 Uhr gingen die Lichter aus. Stromausfall. Kann ja mal vorkommen. Zum Glück hatte ich mich noch gar nicht auf Frühstück und damit einen heißen Cappuccino eingestellt. Was ist schließlich ein Frühstück ohne frische Brötchen? Also ab zum Wochenmarkt, um mich auch gleich mit den notwendigen Vitaminen in Form von Gurken, Romanesco und Blumenkohl einzudecken. Der Verdacht, dass zumindest die ganze Innenstadt betroffen sei, erwies sich als richtig. Mehr noch: Die zuverlässige Gerüchteküche des Wochenmarkts sprach davon, dass selbst umliegende Dörfer länger oder zumindest kurzzeitig ohne Strom waren. Schiebetüren der Geschäfte blieben geschlossen, die Kassen blieben stumm, selbst die Waagen einiger Wochenhändler versagten ihren Dienst. Und das ganze 82 Minuten lang. Der Grund war eine Verkettung unglücklicher Umstände, an deren Ende ein brennender Strommast stand. Ich bin sehr froh, dass ich nicht in einem Aufzug steckte. Denn so konnte mich der Stromausfall nicht wirklich schocken: 10 Minuten, nachdem ich vom Wochenmarkt zurück war, war auch der Strom wieder da. Und einem heißen Cappuccino stand nichts mehr im Wege.

Doch für meine Kleinstadt war das Übel noch nicht vorbei: Eine Dreiviertelstunde später, so ist in meiner Tageszeitung zu lesen, gab’s Alarm am Bahnhof. Ein verlassener Aktenkoffer stand im Verdacht, mit gefährlichem Sprengstoff befüllt zu sein. Natürlich wurde der Bahnhof und umliegende Straßen gesperrt, Züge durften nicht mehr halten. Die armen Fahrgäste! Meine Kleinstadt ist zwar nicht wirklich bedeutend, dafür aber seit jeher ein Verkehrsknotenpunkt. Das dürfte ein anstrengender Ausflug geworden sein. Etwa drei Stunden später klärte das eigens angerückte Sprengstoffkommando aus der Landeshauptstadt die Situation: Der Koffer war mit Papierresten und einer leeren Süßigkeitentüte befüllt.

Dienstag, 22. Februar 2005

Interpretation eines Wahlergebnisses auf kleinstädtisch

Gestern im Zug, der schon zum Endspurt auf meine Kleinstadt ansetzte, durfte ich dieser Unterhaltung lauschen:

Er, Anfang 50, Holländer, Anzug, Aktentasche: „Also, ich weiß ja auch nicht, warum die Dänen jetzt auf einmal zwei Stimmen bekommen haben. Eine hätte doch völlig gereicht.“

Kleinstadtelli schnappt nach Luft, beißt sich auf die Zunge, verdreht die Augen. Als sie wieder hinhört, ist das Gespräch bereits weiter fortgeschritten.

Sie, Mitte 50, Deutsche, Marke Kleinstadt-HighSociety: „Ja, die Simonis, die ist auf die Machtposition aus. Ohne Macht kann die nicht leben.“

Kleinstadtelli hebt die Augenbraue, versucht krampfhaft das Bild einer Stammtisch-Kaschemme aus ihrem Kopf zu vertreiben. Am Rande bekommt sie mit, dass der Holländer plötzlich von Frau Roth spricht.

Sie antwortet: „Ja, die Roth, die ist auch total auf Macht aus. Die hat ja sonst auch nichts. Na ja, außer ihrer Pension. Deswegen gehen die Leute doch überhaupt in die Politik. Die haben doch ausgesorgt.“

Unter höhnischem Gelächter der beiden, sie: „Ja, dann gehen wir auch in die Politik, dann geht’s uns gut.“

Natürlich steigen beide am Bahnhof meiner Kleinstadt aus, verabschieden sich nett voneinander und werfen sich ein „Bis morgen!“ zu. Also Kleinstädter. Stark anzunehmen, dass es sich um Bild-lesende Kleinstädter handelt. Irgendwo müssen die den Quatsch ja herhaben.

Montag, 21. Februar 2005

Werbung

Der Mag fand meinen Blog „[...] seeeeeeeeeeeeeeeeehr interessant ...“. Ja, er benutzte exakt diese Anzahl „Es“. Ja, es ist der Mag, dessen Altamura einen der spärlichen Plätze meiner Linkliste ergattern konnte. Ja, es bedeutet etwas Gutes ... irgendwie. Und unkommerzielle Websites und Blogs in Kinderschuhen können Werbung immer gebrauchen. Glaube ich. Immerhin ist er Magister, das ist doch schon was, oder?

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Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
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DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
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In der Heute Show wurde ein schöner Plakat - Schnappschuss...
Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12