Kleinstadteintopf

Donnerstag, 22. Dezember 2005

Ätsch!

Vor etwa einem Jahr beschloss die Kreisstadt des Nachbarkreises meiner Kleinstadt, Fahrradfahrern mehr Disziplin einzubleuen und sogenannten „Wildparkern“ das Handwerk zu legen – Kleinstadtelli berichtete. Erleichtert las ich nun im stadteigenen Pressedienst, dass das zuständige Verwaltungsgericht das Gebahren der Stadt als rechtswidrig ansieht. Ist ja auch eine Frage des guten Geschmacks: Wer will schon ne rosa Banderole an seinem Fahrrad? Klar aber auch, dass sich die Stadt nicht so einfach geschlagen gibt: Jetzt will der Oberbürgermeister in bester Klüngelmanier den Bundesverkehrsminister „auf das Problem hinweisen“, um die gesetzlichen Voraussetzungen für zeitlich begrenzte Parkplätze für Fahrräder schaffen zu lassen. Logisch. So eine tolle Idee kann man ja auch nicht einfach aufgeben!

Mittwoch, 7. Dezember 2005

Nu is se wech

Ende Juni beschloss der Stadtrat meiner Lieblingskleinstadt, den Posten der Frauenbeauftragten ersatzlos zu streichen, wie ich bereits hier berichtete. Und was der Stadtrat meiner Lieblingskleinstadt beschließt, das setzt er natürlich auch um – die Proteste vom Fachfrauenkreis und kleinstädtischen Bürgerinnen sind ja nicht so wichtig. Und da Parteienklüngel in der kleinstädtischen Männerriege ohnehin Usus sind – man kennt sich ja aus Schützenverein und diversen Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen – wurde die Frauenbeauftragte mit großer Mehrheit der CDU und SPD abgesägt. Nun wird eine Dumme gesucht, die diese Arbeit ehrenamtlich macht, schließlich, so scheint die einhellige Meinung der Herren zu sein, muss man(n) den gelangweilten High-Society-Ehefrauen ja die Möglichkeit zur persönlichen Entfaltung geben. Dass die aus dem Amt vertriebene Frauenbeauftragte diese Praktik als Affront empfindet, stört Ratsherren und Tageszeitung ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Rausschmiss von Ende Juni bis jetzt plötzlich nicht mehr am Geldmangel, sondern an der angeblichen Unbedeutung der Tätigkeit liegt. Da gehen Politikern schon mal die Argumente aus und dann ist keiner da, der ihnen mal den Kopf zurechtrückt. Schade eigentlich.

Montag, 14. November 2005

Betrugsfälle und kein Ende

Hier erzählte ich die eher unlustige Geschichte von „Cheffe“, der auf gar keinen Fall Eintrittsgelder für ein Open Air hat verschwinden lassen, genauso wenig wie ein beteiligter Anwalt. Sind die beiden sich jedenfalls sicher. Oder so. Und dass „Cheffe“ mal betrogen hat, war ein Versehen. Ganz sicher.

Spannend, dass „Cheffes“ Bruder ebenfalls wegen Betruges vor Gericht steht. Damit sich das Ganze auch lohnt, nahm sich Cheffes Bruder mutmaßlich gleich Diamentengeschäften an, um damit schlappe 500.000 Euro zu ergaunern. Noch spannender: Der beteiligte Anwalt in der Connor-Sache, von dessen Notaranderkonto die Eintrittsgelder verschwunden sind, soll auch für „Cheffes“ Bruder ein Anderkonto verwaltet haben, die Staatsanwaltschaft wirft beiden gar „gemeinsames Handeln“ vor, ist in meiner Tageszeitung zu lesen. Der beteiligte Anwalt indes bestreitet alle Vorwürfe – allerdings nicht sehr überzeugend, will mir scheinen.

Dass „Cheffes“ Bruder übrigens nach eigenen Angaben nach wie vor eine Edelsteinfirma betreibt, gleichzeitig aber über keinerlei Einkommen verfügen will, ist da nur noch ein pikantes Detail.

Mittwoch, 2. November 2005

Kleinstädtische Novembertage

„Irgendwie fühlt sich jeder Tag dieser Woche wie ein Montag an“, meint eine Arbeitskollegin. Sie hat nicht Unrecht damit. Aber sich von Montagsstimmung unterkriegen zu lassen hilft ja auch nicht. Am besten baut man sich nach Montagshäufung mit schönen Dingen auf. Also: Einkaufen. Glücklicherweise habe ich letzte Woche, als ich in der Großstadt die Zeit totschlug, weil ein Gasunfall die Heimfahrt für mehrere Stunden verhinderte, ein richtig schönes Paar Schuhe gesehen, mit dem ich mich an besagtem Abend naturgemäß nicht abschleppen wollte.

In der Mittagspause habe ich spontan entschieden, dass heute der richtige Tag zum Schuhe kaufen ist. Falsche Entscheidung. Erst recht nach Montagshäufung. Denn es ist wirklich nicht sehr aufbauend, wenn man feststellt, dass besagtes Paar Schuhe in meiner Größe nicht angeboten wird. Und das, nachdem in dieser Woche mein Nochvermieter auf die Wahnsinnsidee verfallen ist, dass er jederzeit mit einem potentiellen Nachmieter in meine Wohnung kann, weil es dazu im Mietvertrag einen dubiosen Paragraphen gibt – nicht, dass er damit durchkäme, aber ich kann mir dennoch andere Beschäftigungen vorstellen, als mich duch Bundesverfassungsgerichtsurteile und Rechtsmeinungen zu wühlen.

Klar, dass das noch nicht alles war: Auf unserer Halloweenparty wurde mir mein Handy geklaut, was bedeutet, dass der Dieb mindestens ein Bekannter von mir ist. Zu allem Überfluss winkt in meiner Redaktion der Drucktermin mit einem bedrohlich-schmierigen Grinsen, der Umzug tritt in die heiße Phase und die Lektoratsarbeit für die nächste Windgeflüster häuft sich und will auch in wenigen Tagen erledigt sein. Prima. Hat jemand noch gute Laune und ein paar Stunden Zeit zu verschenken?

Mittwoch, 19. Oktober 2005

Oktober in der Kleinstadt

Der Schlot der Zuckerfabrik pustet jetzt ohne Unterbrechung die dampfenden Reste der Rüben in die Luft; nur allzu selten bleibt meine Nase von der unverwechselbaren Duftnote verschont. Die Tage werden kälter, die Blätter rot und gelb und in 50 Prozent aller Fälle bin ich erst im Dunkeln wieder zu Hause. Zu allem Überfluss ziehe ich mal wieder um. Im Herbst. Wie eigentlich fast immer. Und das, obwohl ich dieses eine Mal nun wirklich nicht im Herbst umziehen wollte, weil es einfach keinen Spaß macht, Möbel und Kartons durch kaltes Matschwetter zu tragen.

Doch da ein Herbstumzug zwar nicht Murphys, aber Kleinstadtellis Law zu sein scheint, schleppe ich ganz emsig schon mal den einen oder anderen Karton hoch und runter. Klar, dass auch schon etwas zu Bruch gegangen ist (ich liebe es, wenn Umzugskartons am Boden eben nicht halten) und es sich dieses Mal richtig gelohnt hat: Eine Elfe, ein Troll, eine Vase – um die’s aber nicht schade ist – und mindestens ein Teller waren überhaupt nicht begeistert davon, quer über den Bürgersteig der viel bevölkerten Straße in der Innenstadt zu rollen, in der ich noch wohne. Am schönsten sind in solchen Momenten die verstohlen-pikierten Blicke der kleinstädtischen Passanten, die verzweifelt darum bemüht sind, völlig normal auszusehen – und kläglich scheitern. Kleinstädter eben.

Wie bei jedem Umzug versuche ich, meine Leselust nicht allzu sehr zu verfluchen. Nach dem Umzug werde ich sie – nach Jahren – wieder einmal zählen, meine Bücher, und höchstwahrscheinlich hochbegeistert sein davon, dass ich den Umzug ohne rituelle Bücherverbrennung überstanden habe.

Es ist natürlich völlig logisch, dass sich eine Wohnung, die mir gefällt, direkt unter dem Dach befinden muss. Die Krönung dieser umzugsfreundlichen Lage ist eine wunderhübsche, nicht eben breite Wendeltreppe, die mich innerhalb der Wohnung vom Flur in mein eigentliches Reich bringt. Die Herren Umzugshelfer murren vereinzelt auch schon – wenn auch männlich-dezent – und drohen mit Totalverweigerung, sollte ich es wagen, innerhalb der nächsten drei Jahre aus besagter Wohnung auszuziehen. Ich werde es mir zu Herzen nehmen, auch nicht wirklich schwer bei diesem Traum von einer Wohnung.

Donnerstag, 6. Oktober 2005

Wie das K zum G kommt

"Ich hab' 25.000 Gigabyte auf meinem Handy." Großes Gelächter. "Nee, echt, das steht hier." "Ich muss mir unbedingt ein Laptop kaufen. Bei 25.000 Gigabyte kann ich sämtliche Filme, die ich je kaufen werde, auf dem Rechner archivieren - von der Musik ganz zu schweigen. Für so eine Festplatte gebe ich auch 1000 Euro aus."

Dieser Baumstammwink ging ins Leere: Der verwirrte Teenie, der seine Computerkenntnisse so schmählich offenbarte, hat überhaupt nicht begriffen, dass er mit seinem Statement irgendwie daneben liegen könnte. "Nee, echt, das steht hier. Ich hab ja 100 Spiele auf meinem Handy. Und so." Mittlerweile lacht Kleinstadtelli Tränen. "Ich habe 130 Gigabyte Festplattenspeicher auf meinem PC. Das ist schon nicht ganz wenig. Wie groß meinst du ist die Wahrscheinlichkeit, dass du auf einem popligen Handy 25.000 Gigabyte Platz hast?" "Nee, echt, das steht hier." "Du hast überhaupt keine Ahnung, wovon du redest, oder?" Themenwechsel. Sofort.

Wenige Minuten später: Besagter Teenie und seine Schwester versuchen krampfhaft, irgendeine Datei per Bluetooth auszutauschen. Und wieder: "Ich hab 25.000 Gigabyte auf meinem Handy." "Das ist unmöglich. Ehrlich! Was steht denn da genau?" "Na, 25.000 KB."

Hach ja. Ich mag Teenies. Wirklich. Wo Tränen lachen doch so gesund ist. Und Kigabyte haben was. Da muss man erst mal drauf kommen.

Mittwoch, 5. Oktober 2005

Kleinstädtische Herbstgefühle

Merke: Es ist überhaupt nicht nachahmenswert, morgens um 5 Uhr aufzustehen, wenn die Heizung frühestens um halb sieben eingeschaltet wird. Das sind so die Momente, in denen man merkt, dass der Herbst da ist. Diese Tatsache können die Bewohner meiner Kleinstadt übrigens auch daran erkennen, dass es - je nach Windrichtung - mal mehr, mal weniger fürchterlich nach Zuckerfabrik stinkt. Wenn ich diesen Mief in der Nase habe, wird mir schon aus Prinzip gleich kälter - auch im dicksten Winermantel. Man ist eben geprägt. Irgendwie.

Diese jährlich wiederkehrende Erfahrung hat sich übrigens nicht dadurch gebessert, dass ich fast täglich mindestens 10 Stunden in einer Hansestadt verbringe, deren Großstadtmief zwar ganzjährig, aber längst nicht so penetrant ist – auch deswegen, weil Großstadtmief von Großstadtlärm in der Hitliste der Unannehmlichkeiten um Längen geschlagen wird und man ihn schon deswegen irgendwie lieber mag.

Trotz dieser untrüglichen Indizien habe ich noch gar keine Blätter fallen sehen, was allerdings auch kein Wunder ist, wo ich doch in einer völlig baumfreien Straße arbeite und in einer Straße wohne, deren lieblos gepflanzte Bäumchen bestenfalls als mickrig zu bezeichnen sind. Ich sollte also demnächst den örtlichen Wald näher in Augenschein nehmen. Dringend.

Freitag, 23. September 2005

Wenn die Connor doch nicht kommt

Kleinstädter haben’s nicht leicht: Da entscheiden sie sich einmal gegen den Mainstream, zucken bei einem Konzert von Sarah Connor nur gelangweilt mit den Schultern – wie ich hier kurz erwähnte – und schon geht garantiert etwas schief. 800 Leute warten nämlich immer noch auf das Geld, das sie für ihre Eintrittskarte hingeblättert haben. Warum? Ach, das ist weder eine einfache noch schöne Sache: Der Veranstalter hat jemandem die Leitung der ganzen Konzertplanung übertragen. Dieser ... wollen wir ihn mal „Cheffe“ nennen ... hat angeblich Geld von dem Konto verwendet, dass die besagten 800 x 23 Euro hätte decken sollen, sagt der Anwalt (Mandat mittlerweile niedergelegt). Cheffe will aber mit dem Konto nichts zu tun gehabt haben, ist sich aber sicher, dass die potenziellen Konzertgänger ihr Geld noch zurückbekommen. Irgendwie. Verwunderlich, dass so ein vertrauenswürdiger Mensch wegen Betrugs vorbestraft ist. Der Veranstalter hatte bei Vertragsabschluss eine ziemlich rosa Brille auf, nun hat er sie abgesetzt und sieht: Die Gage, die Frau Connor bekommt, obwohl das Konzert ausgefallen ist. Vom Imageverlust ganz zu schweigen. Man sollte doch das Kleingedruckte lesen. Nur so zur Sicherheit.

Mittwoch, 7. September 2005

Von ottonischen Zwergen, viel Geld und kleinstädtisch-mafiösen Methoden

Die Inhaberin eines Getränkevertriebs, der seinen Sitz in einem sehr, sehr kleinen Dorf meines Landkreises hat, wurde um beachtliche 250.000 Euro betrogen. Dabei wollte sie doch nur Ottos Zwergentrunk an den Mann bringen. Doch der Reihe nach: Besagte Unternehmerin entwickelte ein Getränk, das auf den Namen Ottos Zwergentrunk hört. Und weil es einen Komiker gleichen Namens gibt, der auch noch irgendwie etwas mit den 7 Zwergen zu tun hat, kam sie auf die nicht ganz abwegige Idee, besagten Komiker als Werbeträger zu verpflichten. Klar, dass bekannte Komiker ihre Leute haben für so Merchandisekram. Und – traurig aber wahr – auch klar, dass es unter ihnen bestimmt nicht wenige gibt, die gar nicht so richtig wissen, was sie so alles unterschreiben. Besagte Unternehmerin hat jedenfalls mit dem Merchandisemenschen einen Vertrag ausgehandelt, nach dem besagter Komiker Werbung für ihren Zwergentrunk macht. Besager Komiker weiß allerdings angeblich gar nichts davon, obwohl sein Merchandisemensch ihm die 250.000 Euro bar in einem Koffer überreicht haben will (wieso denke ich jetzt gerade an Mafiafilme?) und obwohl besagte Unternehmerin der felsenfesten Meinung ist, sämtliche Vertragsdetails wären am Telefon mit ihm besprochen worden. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Schauspiel, das aus schlechten Filmen abgekupfert zu sein scheint, wohl zu Ende gehen wird. Es soll auf jeden Fall keiner sagen, es wäre nichts los in meinem Landkreis, dem beschaulichen.

Dienstag, 30. August 2005

Unpopbar

Es gibt Momente, da bin ich richtig stolz auf die Kleinstädter meiner Kleinstadt. Zum Beispiel dann, wenn ein Konzert von - unter anderem - Sarah Connor abgesagt werden muss, weil - einfach zu wenig Karten verkauft worden sind. Wir sind halt doch unpopbar. Manchmal.

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Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
Solche "wichtigen" Meldungen...
... sollen doch nur von den Dingen ablenken, von denen...
DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
In der Heute Show wurde...
In der Heute Show wurde ein schöner Plakat - Schnappschuss...
Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12