Dienstag, 6. März 2007

Konzept „Reden für die Schublade“

Mein Lieblingslandkreis lud ein: 40 „Entscheidungsträger“, wie es so schön nebulös in der hiesigen Tageszeitung hieß, debattierten darüber, wo denn nun die Stärken dieses unseres geliebten Landkreises liegen und wie zum Teufel man diese denn nun nutzen könne. Unser hochgeschätzter Landrat wies denn auch gleich diesem so genannten „Integriertem ländlichen Entwicklungskonzept“ eine „hohe Durchschlagskraft“ zu – und die hiesige lammfromme Tageszeitung hat nichts Besseres zu tun, als diesen Persilschein in der Überschrift zu zitieren.

Und ich ziehe skeptisch die Augenbraue hoch. Im Jahre des Herrn 2000 gab die Sparkasse meiner Lieblingskleinstadt ein regionales Entwicklungskonzept in Auftrag, das die Aufgabe hatte, die Stärken unseres Landkreises aufzuspüren – und aufzuzeigen, wie man die nun nutzen kann.

Schon damals argwöhnte ich, dass dieses Konzept stillschweigend in der Schublade verschwinden würde, hielt mich aber dezent zurück. Auch damals lagen die verborgenen Stärken des Landkreises im Tourismus. Welch Wunder: Gegend, Heide, plattes Land, ein paar Radwege, in der Mitte von Norddeutschland gelegen, je eine Stunde von zwei Großstädten entfernt, die eine im Südwesten, die andere im Norden. Dieses Konzept geht schon beim Nachbarlandkreis auf, insofern muss man nicht unbedingt Einstein sein, um auf den Tourismus zu kommen.

Damals hieß es, wir müssen auf die Kartoffel setzen, ja, wir seien berühmt für unsere Kartoffel – und das gelte es auszubauen. Mit Kartoffelfesten. Kartoffelmärkten. Kartoffeldies und Kartoffeldas. Nun, dank des „Linda-Gezänkes“ habe ich tatsächlich den einen oder anderen Landkreis-Bauern in verschiedenen Nachrichtenquellen aufblitzen sehen, aber ich würde doch bezweifeln, dass wir berühmt für unsere Kartoffeln sind. Und selbst wenn? Wer, zum Teufel, reist irgendwelchen Kartoffeläckern hinterher? Ob dieses Konzept aufgegangen wäre oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, denn passiert ist nämlich – gar nichts.

Und weil es zu peinlich wäre, eine Kartoffelidee aus verstaubten Schubladen hervorzukramen, und vielleicht, weil auch Entscheidungsträger ihre Berechtigung brauchen, wurde sich brav etwas Neues ausgedacht: Am Marketing hapert es. Stimmt. Wenn keiner weiß, dass es uns gibt, kommt auch keiner her. Und an den Verkehrsanbindungen hapert es auch. So fanden die Entscheidungsträger es seltsam, dass wir nicht an die Verkehrsverbundsysteme eben jener beiden Großstädte angeschlossen sind. Ist auch seltsam.

Doch dass das überhaupt jemand bemerkt, ist für diese Kleinstadt ein echter Kracher. Ich wurde schon fast euphorisch und dachte beinahe daran, dass dieses Mal alles anders werden könnte. Doch ach: Da war es wieder. Mehr Radwege brauchen wir nämlich. Und passende Radwegleitsysteme. Stimmt touristisch gesehen auch. Höre ich aber, seit dem ich denken kann.

Nun denn. Es scheint, als wurde ein neues Konzept für die Schublade geboren. Davon scheint mein Lieblingslandkreis nie genug zu bekommen. Aber ich lasse mich natürlich gerne überraschen.

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Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
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DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
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