Freitag, 24. Oktober 2008

Die Zeit im Wandel der (Jahres-)Zeiten

Wo ist die Zeit bloß hin? Das fragt sich Kleinstadtelli in letzter Zeit noch häufiger als sonst. Kein Wunder, hat sie doch ganz plötzlich einen Knirps zu versorgen, der, mit fast zwei Monaten, so überhaupt nichts vom Zeitjoch hält. Ist es Nacht? Ist es Tag? Ist mir doch egal, denkt sich möglicherweise der Kleine und schreit, wenn er Hunger hat, wenn sein Magen ihn ärgert, wenn er gewickelt werden möchte, wenn er einfach so gar kein Bock hat, alleine im Stubenwagen zu liegen. Okay, denkt sich Kleinstadtelli, und folgt dem Drängen des Knirpses, soweit sie seine – durchaus unterschiedlich klingenden Schreie – interpretieren kann. Freuen kann sie sich, denn der Knirps gehört nicht zu den berüchtigten Schreibabys und Kleinstadtelli konnte seine Bedürfnisse bislang zu seiner Zufriedenheit stillen.

Doch in diesem Beitrag geht es gar nicht um die Bedürfnisse des Knirpses, sondern darum, dass das arme Kind leider noch gar nicht weiß, dass es eine „gesetzliche Zeit“ gibt, nach der er sich allzubald zu richten hat. Kleinstadtelli herself wusste davon bis eben allerdings auch nichts. Also: Es gibt eine gesetzliche Zeit in Deutschland, liebe Mitleser, und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat am 4. Juli 2008 die Zuständigkeit für eben diese gesetzliche Zeit übernommen.

Hintergrund dieses Kuriosiums ist die allseits bekannte Sommer- und Winterzeit, die dafür sorgt, dass Kleinstadtelli und zahlreiche andere Leidtragende um die Zeit der Uhrumstellung herum mindestens eine Woche lang etwas neben der Spur sind. Es ist halt plötzlich schneller dunkel. Oder früher hell. Auf jeden Fall verwirrend für sensible Biorhythmen.

Aber diese Verwirrung ist durchaus zu verschmerzen, schließlich gilt es, so heißt es in der Pressemitteilung des BMWi, die Tageshelligkeit besser auszunutzen. Das wiederum mag sich dem verwirrten Geist der Kleinstadtelli nicht ganz erschließen: Bleibt der Tages- und Nachtrhythmus doch gleich und verursacht dann eben morgens oder abends – je nachdem – mehr Stromaufkommen durch Betätigen des Lichtschalters als vor der jeweiligen Umstellung. Doch die US-Sommerzeit, so ist hier zu lesen, ist seit letztem Jahr vier Wochen länger. Man verspricht sich davon, Zitat: Vor allem wirtschaftliche Vorteile. An jedem dieser zusätzlichen „Sommertage“ soll Energie im Gegenwert von 100 000 Barrel (rund 16 Millionen Litern) Öl gespart werden. Ob dies wirklich eintrifft, soll eine Studie überprüfen. Zusätzlich verspricht man sich eine geringere Kriminalitätsrate, weniger Verkehrsunfälle, mehr Wirtschaftswachstum sowie mehr Zeit für Freizeitaktivitäten.

Ob dieser unglaublichen Möglichkeiten verstimmt zwar nicht Kleinstadtellis Biorhythmus, doch Kleinstadtellis Verstand verneigt sich in Demut – so es denn funktioniert. Allerdings lässt sich Kleinstadtellis Teufelchen, traditionell auf ihrer rechten Schulter sitzend, nicht wirklich zum Schweigen bringen. Zeit ist relativ, das hat Einstein schon vor Jahrzehnten herausgefunden, raunt es ihr zu. Und überhaupt fand diese ganze Tick-Tack-Angleichung nur der Züge und ihrer Fahrpläne wegen statt, weil's ja blöd ist, wenn der Zug in München zur Berlin-Zeit ankommt. Und heute gibt es nun eine „gesetzliche Zeit“, die scheinbar zahlreiche Wunder in sich birgt. Nun ja. Kleinstadtelli und ihr Biorhythmus sind froh darüber, dass es (noch) keine gesetzliche Arbeits-, Schlafens-, Liebes- oder Essenszeit gibt. In der Tat.

Trackback URL:
https://kleinstadtelse.twoday.net/stories/5275609/modTrackback

Kleinstadtellis Welt

von mittelalterlichem Kleinstadtleben, großstädtischen Ausflügen und seltsamen Anwandlungen

Dein Status

Du bist nicht Teil der Kleinstadtwelt.

Für Suchende

 

Stadtgespräch

Tja, was neues ist das...
Tja, was neues ist das leider nicht. Vor allem, was...
Oliver (Gast) - 24. Okt, 15:27
Solche "wichtigen" Meldungen...
... sollen doch nur von den Dingen ablenken, von denen...
DonJuergen - 13. Sep, 18:14
Stimmt. Ich war auch...
Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
1984
Ich finde das "Ministerium für Liebe" - ebenfalls Orwell...
DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
Das passt doch sehr gut!
DantesMuse - 19. Apr, 10:41
Ich kann da als kinderlose...
Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
Ani72 - 19. Apr, 08:35
In der Heute Show wurde...
In der Heute Show wurde ein schöner Plakat - Schnappschuss...
Ani72 - 18. Apr, 22:35
Schön, wenn's so wäre....
Schön, wenn's so wäre. Ich Niedersächsin habe aber...
DantesMuse - 18. Apr, 21:12