Freitag, 8. Dezember 2006

Seltsames Weihnachtszeuch die I.

Das dritte Weihnachten arbeiten in der Nähe einer der Haupteinkaufsstraßen der Großstadt entlockt mir höchstens noch ein seufzendes Schulterzucken. Dem Rumgeschiebe und -geschubse, den rummotzenden Geschenkejagern, den Auf-gar-keinen-Fall-Beiseitegehern und vor allen Dingen der schlechten Laune, die einem aus fast jedem Gesicht wie ein schlecht isolierter Castorbehälter entgegenstrahlt, entziehe ich mich durch Umwege und völliger Konsumverweigerung.

Beim ersten Mal, also zu der Zeit, als ich meine Leutchen nicht wegen Weihnachten, sondern der dunklen, kalten Jahreszeit wegen beschenkte – ausdrücklich nicht an Weihnachten –, stand nach drei Tagen fest: Das ist der letzte Dezember, den ich mit Geschenke kaufen verbringe. Die dunkle, kalte Jahreszeit kann man nämlich auch ganz einfach mit Keksen vertreiben. Oder einem ausgiebigen Brunch. Oder so. Die Mordgelüste nahmen nämlich überhand, die Nerven lagen blank und in Anbetracht der Tatsache, dass ich in dieser Jahreszeit ohnehin eher zu den depressiven Zeitgenossen gehöre, fand ich es überhaupt nicht sinnvoll, mich mit miesgelaunten, ignoranten, genervten, wütenden und fantasielosen Menschen zu umgeben, in deren leeren Augen die Hoffnungslosigkeit eines jährlich wiederkehrenden, jährlich vermurksten, aber nichts desto Trotz geschenkreichen Weihnachtsfestes zu lesen ist.

Mittlerweile habe ich so viel Distanz zu dieser Einkaufsmasse, dass mich das Paradoxon Fest der Liebe/Einkaufsschlacht eher amüsiert als schockiert. Das liegt möglicherweise auch an seltsamen Umfragen seltsamer Radiosender, bei denen dann rauskommt, dass es Leute gibt, die meinen, Weihnachten wäre von Coca Cola erfunden worden. Und dabei hat Coca Cola nicht mal den Weihnachtsmann erfunden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, und soll ein andermal erzählt werden. (Übrigens das erste Mal, dass ich offiziell aus Michael Endes „Unendliche Geschichte“ klaue zitiere.)

Wie auch immer. Eigentlich gibt es nur einen Grund, warum ich meine geschätzten Leser in diesem Jahr nicht vor der Weihnachtskeule bewahre, genauso genommen ist sogar nur ein Wort Schuld: Weihnachtsbaumschürze. In einem Prospekt, der einem der beiden kleinstädtischen Anzeigenblattern beigelegt war, wurde so etwas nämlich angeboten. Also. Eine Weihnachtsbaumschürze. Damit der Weihnachtsbaum sich nicht bekleckert. Oder damit niemand sehen kann, wie hässlich der Baumschmuck wirklich ist. Oder als „Kleines Schwarzes“. Oder ... wie? Ich hoffe, dieses komische Dingens wird kein neuer Trend – irgendwann ist selbst bei Weihnachten die Lächerlichkeitsgrenze erreicht.

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