Freitag, 18. März 2005

Erlebnis Bahnsteig

Es gibt sehr seltene Momente, in denen ich mich - als notorische "Mein Handy muss alles können, telefonieren ist nebensächlich"-Antistreiterin - geradezu gräme, dass ich keine Möglichkeite habe, mit meinem Handy Schnappschüsse zu machen. Es gibt einfach Motive, die sind schwer bis gar nicht in Worte zu fassen.

So sah ich doch heute auf dem Nebenbahnsteig meines Zuges, der mich zurück in die Kleinstadt bringen sollte, die erste Entgleisung dieses Sommers, obwohl der noch lange nicht in Sicht ist: Ein Mann, der trotz der Bierflasche in seiner Hand noch wirkte, als hätte er alle Sinne beisammen, schoss den Vogel der Geschmacklosigkeit ab.

Seine schulterlangen, stufig geschnittenen schwarzen Haare waren ob des übermäßigen Gebrauchs der Geltube völlig ihrer natürlichen Bewegungsfreiheit beraubt. Ihr unnatürliches Glänzen ließ meine vielbemühte Augenbraue augenblicklich hochschnellen. Das Hemd, das er trug, ließ mich jedoch schockiert innehalten: Kurzärmlig, knallorange, mit undefinierbaren und ebenso sinnlosen wie übeflüssigen Mustern bedruckt kam es daher, was mir ein mitleidiges Lächeln entlockte. Doch noch als viel schlimmer erwies sich die Tatsache, dass der gute Mann offensichtlich kaum Lust gehabt hatte, dieses Hemd auch vernünftig zuzuknöpfen. Und so hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, seine mehr als stark behaarte Brust bis zu seinem Bauchnabel bewundern zu dürfen.

Jetzt weiß auch ich - trotz des immer regenverhangenen Himmels und nicht wegen der zum Glück höher gestiegenen Temperaturen -, dass der Frühling naht. Mit all seinen wunderbaren Sonnenstrahlen, grünen Bäumen, sprießenden Blumen und all seinen modischen Entgleisungen.

Dabei wäre es mir wirklich lieber gewesen, mich wie Lunula auf die Eröffnung der mittelalterlichen Saison zu freuen. Leider hatte ich noch gar keine Zeit, meinen Terminkalender entsprechend zu bestücken. Das steht aber - erst recht nach diesem Hemd-Erlebnis - ganz oben auf meiner Prioritäten-Liste. Gleich nach einem langen, bedächtigen, erholsamen Spaziergang im Wald.

Erlebnis Bahn

Ich gehöre zu den vielen Menschen, die täglich zur Arbeit pendeln. Weil ich graue Haare, Stressfalten und Herzinfarkt vermeiden will, verzichte ich darauf, mich mit dem Auto morgens und abends in den Berufsverkehr zu stürzen, um als Belohnung auch noch ewig einen Parkplatz suchen zu müssen. Stattdessen fahre ich Bahn oder Metronom und nehme etwaige Verspätungen, merkwürdige Fahrgäste und schlechtgelaunte Fahrgastbetreuer gelassen hin.

Doch was Nico zu berichten weiß, lässt mich nachts erschreckt auffahren. Ich besitze zwar keine Bahncard welcher Art auch immer, dafür aber eine Jahreskarte, die nächstes Jahr (zum ersten Mal) erneuert werden will. Ob mir dann auch ein Kontakt mit BGS-Beamten bevorsteht, weil Bahn-Mitarbeiter oder –Software den Wechsel nicht fehlerfrei hinbekommen? Eine dreistündige Verspätung ist mir da doch wesentlich lieber.

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod

Bastian Sick stellte irgendwann einmal fest, dass seine Zwiebelfisch-Kolumnen bei den Spiegel Online-Lesern richtig gut ankommen. Und deswegen hat er sie in einem Buch zusammengefasst, und ihm gleich auch den Titel eines seiner Kolumnen verpasst: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.

Bei seinen Kolumnen geht es – wie schon der Titel verrät – um die deutsche Sprache und ihre furchtbar vielen Tücken. Wenn mehr Deutschlehrer die deutsche Sprache so lehren würden wie Bastian Sick, würden sich vermutlich mehr Schüler für dieselbe interessieren. Leider bringt es das Kolumnenthema so mit sich, dass die satirischen Anspielungen sich irgendwann wiederholen und langweilig werden, gerade wenn man die Kolumen am Stück liest. Menschen, die glauben, so lägen sie mit ihrer Rechtschreibung richtig, sei dieses Buch allerdings unbedingt empfohlen, schließlich sorgt Zwiebelfischs Leidenschaft für Listen dafür, dass die eine oder andere Regel immer mal wieder recherchiert werden kann.

Doch auch ich konnte meinen Wissensstand erweitern: Hätte ich doch, wenn ich eine Vorliebe für Anglizismen hätte und statt „entworfen“ lieber „designt“ schreiben würde, das Wort bislang immer „designed“ geschrieben.

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Stimmt. Ich war auch ziemlich entgeistert. Habe 'ne...
Trojaner2304 (Gast) - 26. Apr, 09:09
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DonJuergen - 25. Apr, 18:51
Das passt doch sehr gut!
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Ich kann da als kinderlose Frau nicht mitreden. Aber...
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